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Insekten die im Haus überwintern

Ungebetene Wintergäste - Fliegen, Wanzen & Co.

Eine ganze Reihe von Insektenarten dringt im Herbst in Häuser und Wohnungen ein um hier die kalte Jahreszeit zu verbringen. Im Frühling verlassen diese ungebetenen Wintergäste das Haus dann wieder. Es handelt sich bei diesen Insektenarten um typische Lästlinge – also Arten, die weder zu den Vorratsschädlingen, Hygieneschädlingen oder Materialschädlingen gezählt werden, die aber allein aufgrund ihres manchmal massenhaften Auftretens im Haus Probleme verursachen. Wir möchten Ihnen einige dieser Arten vorstellen.

Der Asiatische Marienkäfer

Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) ist eine asiatische Marienkäferart, die zur Bekämpfung von Blattläusen auch in Nordamerika und Europa eingesetzt wurde und zwischenzeitlich in weiten Gebieten außerhalb ihres natürlichen Verbreitungsareals heimisch geworden ist. Da es sich um eine äußerst anpassungsfähige Art handelt, ist zu befürchten, dass in neu besiedelten Gebieten heimische Marienkäferarten oder auch andere Blattlaus-Räuber verdrängt werden könnten. Ein weiterer, negativer Aspekt dieser aus Sicht des Pflanzenschutzes nützlichen Käferart steht im Zusammenhang mit ihrem Überwinterungs-Verhalten. Aus den USA und Kanada ist bekannt, dass sich im Herbst z. T. mehrere Tausend Individuen an Gebäuden sammeln und auf der Suche nach geeigneten Winterquartieren in diese eindringen können. Da dies meist um Halloween herum passiert, wird die Art in Nordamerika auch „Halloween beetle“ genannt. Im Herbst 2002 wurden solche Massenansammlungen des Asiatischen Marienkäfers erstmals auch aus Deutschland gemeldet.

Es handelt sich beim Asiatischen Marienkäfer um eine sehr variable gefärbte Art, worauf auch ein anderer englischer Trivialname hinweist – „Multicolored Asian Lady Beetle“. Die Grundfärbung der Flügeldecken variiert von einem fahlen Gelb über Orange und Rot bis Schwarz. Auch die Zahl der schwarzen Punkte auf den Flügeldecken ist nicht einheitlich. Während manche Autoren von bis zu 10 Punkten pro Flügeldecke sprechen, sind es nach anderen Angaben insgesamt maximal 19. Allerdings weisen viele Individuen durchaus auch deutlich weniger Punkte auf und manchen Käfern fehlt dieses Merkmal sogar völlig. Häufig ist auf dem weißen Halsschild ein Zeichnungsmuster in Form eines schwarzen W zu erkennen. Aber auch diese Struktur ist nicht charakteristisch für die Art. In manchen Fällen ist das Muster in nicht zusammenhängende Einzelpunkte zerfallen, während andere Individuen mitunter ein fast völlig schwarzes Halsschild aufweisen. Der Asiatische Marienkäfer ist mit einer Länge von sechs und einer Breite von fünf Millimetern eine relativ große Marienkäferart. Die Grundfärbung der Larven (L4) schwankt zwischen schwarz und blau-grau. Auffällig sind die gelblichen bis orangefarbenen Lateralflecke auf den Hinterleibssegmenten 1 bis 5.

In erster Linie ernähren sich Larven und Käfer von Blattläusen. Daneben werden aber auch Thrips, Rindenläuse, Blattflöhe, Milben (v. a. Spinnmilben), Wollläuse, minierende Raupen, Schmetterlingseier, sowie Eier und Larven von Käfern (inklusive Rüsselkäfer) verzehrt. In ihrem ursprünglichen Lebensraum überwintern die Käfer in Spalten und Ritzen von Klippen und Felsen, wobei sich oft zahlreiche Individuen an einer Stelle versammeln. Ob dieses Aggregations-Verhalten durch Pheromone, optische Reize oder durch eine Kombination von beidem ausgelöst wird ist bislang unklar. Dieses Aggregations-Verhalten führt dazu, dass die Art von immer mehr Betroffenen als „Lästling“ wahrgenommen wird. Mit Beginn der ersten Nachtfröste versammeln sich Hunderte bis Tausende Käfer an sonnigen Tagen an Gebäuden, meist an der Fassade von südexponierten Häusern, und dringen auf der Suche nach geschützten Winterquartieren in die Häuser ein. Erst im darauf folgenden Jahr werden die Häuser an sonnigen Februar- oder Märztagen wieder verlassen. In den USA sind Ansammlungen von 15.000 bis 20.000 Individuen pro Gebäude nicht unüblich, aber auch in Deutschland scheint die Zahl der Käfer immer weiter zuzunehmen. Besonders Menschen mit einer Insekten-Phobie haben unter diesen Massenansammlungen zu leiden. Problematisch ist, dass es keine wirksame Methode zum Entfernen der Käfer gibt. Werden die Käfer gestört, kommt es zum sog. „Reflexbluten“, bei der eine gelbliche Flüssigkeit aus den Gelenken der Laufbeine abgesondert wird. Diese Flüssigkeit kann z. B. Wände und Vorhänge verschmutzen und weist einen unangenehmen Geruch auf. Leider finden die Käfer viele Wege um ins Haus zu gelangen wie z. B. durch geöffnete Fenster, Rollladenkästen, undichte Fensterrahmen oder über das Dach. Um das zu verhindern, kann die Fassade des betroffenen Gebäudes mit Kontaktinsektiziden behandelt werden. Aber auch diese Methode bietet keinen absoluten Schutz gegen den Asiatischen Marienkäfer.

Abbildung 1: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) ist eine sehr variabel gefärbte Art

Abbildung 1: Der Asiatische Marienkäfer (Harmonia axyridis) ist eine sehr variabel gefärbte Art

Abbildung 2: Drei schwarze, glänzende Längsstreifen auf dem Rücken sind typisch für die Halmfliege (Thaumatomyia notata)

Abbildung 2: Drei schwarze, glänzende Längsstreifen auf dem Rücken sind typisch für die Halmfliege (Thaumatomyia notata)

Die Halmfliege

Bei der Halmfliege (Thaumatomyia notata) handelt es sich um eine rund zwei Millimeter große und weitgehend unbehaarte Fliegenart. Das Bruststück (Thorax) weist eine gelbglänzende Grundfärbung auf. Auf dem Rücken verlaufen drei schwarze, glänzende Längsstreifen. Die Augen sind bei noch lebenden Individuen grün gefärbt. Bei toten Tieren färben sich die Augen dunkel. Das Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Nordafrika bis fast bis zum Polarkreis. Massenauftreten von Halmfliegen in Gebäuden sind bisher jedoch nur aus Mitteleuropa bekannt geworden. Die erwachsenen Fliegen nehmen Nektar und Honigtau zu sich, während die Larven im Boden leben, wo sie sich räuberisch von Wurzelläusen ernähren. Im Herbst suchen die Fliegen Gebäude zur Überwinterung auf. Eine Vermehrung findet dort allerdings nicht statt.

In manchen Fällen wurden bereits mehrere Millionen Individuen in bestimmten Gebäuden gezählt. Hier verursachen die Halmfliegen beträchtliche Schäden durch die Abgabe von Kot. Bei einem Massenauftreten können Wände und Gardinen durch den Kot der Tiere schwarz gefärbt sein. Die betroffenen Gebäude bzw. Wohnungen können u. U. nicht mehr vermietet oder verkauft werden. Meist suchen Halmfliegen Jahr für Jahr immer dasselbe Gebäude zur Überwinterung auf. Befinden sich die Halmfliegen bereits im Innenbereich, so können sie mit Kontaktinsektiziden wie Pyrethrum oder synthetischen Pyrethroiden bekämpft werden. Hierbei empfiehlt sich die Applikation der Kontaktinsektizide im Kaltnebelverfahren. Zusätzlich sollten Kontaktinsektizide auf die Fassade der betroffenen Gebäude gesprüht werden. Da Halmfliegen über Jahre hinweg immer wieder zur Überwinterung in dieselben Gebäude zurückkehren, müssen die Gebäude außerdem durch bauliche Maßnahmen so gesichert werden, dass die Fliegen nicht durch Risse in der Fassade oder durch defekte Fensterrahmen in Wohnungen eindringen können.

Abbildung 3: Stallfliegen (Musca autumnalis) gehören zu den Fliegenarten, die regelmäßig in Häusern überwintern

Abbildung 3: Stallfliegen (Musca autumnalis) gehören zu den Fliegenarten, die regelmäßig in Häusern überwintern

Abbildung 4: Auch die Graue Feldwanze (Rhaphigaster nebulosa) überwintert regelmäßig im Haus

 

Abbildung 4: Auch die Graue Feldwanze (Rhaphigaster nebulosa) überwintert regelmäßig im Haus

Die Stallfliege

Die Stallfliege oder auch Augenfliege (Musca autumnalis) stammt ursprünglich aus Europa und dem westlichen Asien. Vor rund 60 Jahren wurde diese Fliegenart auch nach Nordamerika verschleppt, wo sie mittlerweile fast den gesamten Kontinent besiedelt hat. Die Stallfliege kann leicht mit der Großen Stubenfliege verwechselt werden. Sie erreicht eine Körperlänge von 4,5 bis 7,5 mm und zeigt vier Längsverlaufende, schwarze Linien auf dem Bruststück. Männchen und Weibchen überwintern in Gebäuden oder hohlen Bäumen und paaren sich im Frühjahr direkt nach dem Verlassen des Überwinterungsquartiers. Stallfliegen sind tagaktive Insekten. Sie verbringen die Nacht, sowie den größten Teil des Tages auf Pflanzen oder Zaunpfählen in der Nähe von Rinder- und Pferdeweiden. Die Männchen ernähren sich hauptsächlich von Blütennektar. Die Weibchen nutzen Nasensekret, Speichel und Tränenflüssigkeit von Rindern und Pferden als Nahrungsquelle. Mit Hilfe mikroskopisch kleiner Zähnchen auf dem Saugrüssel verletzen die Fliegen ihre Wirtstiere im Augenbereich und regen so den Tränenfluss an. Bei Gelegenheit nehmen sie zusätzlich an Wunden ihrer Wirtstiere Blut auf. Stallfliegen übertragen Bakterien und Spulwürmer (Nematoden), die bei Rindern und Pferden Augenerkrankungen hervorrufen können.

Stallfliegen legen ihre Eier in frischen Kot von Rindern, Pferden oder Schafen ab. Die Entwicklung der Fliegenlarven ist temperaturabhängig und dauert in der Regel fünf bis zehn Tage. Die Verpuppung erfolgt im Boden, wobei die Puppenruhe wiederum 5 bis 10 Tage beträgt. Unter den in Mitteleuropa herrschenden Bedingungen werden von April bis Oktober vier bis fünf Generationen ausgebildet. Unter dem Einfluss kühlerer Temperaturen suchen sich Fliegen, die im Herbst ausgeschlüpft sind, Überwinterungsquartiere in Häusern um hier bis zum nächsten Frühjahr zu bleiben. Typischerweise versammeln sich die Fliegen an sonnigen, warmen Spätherbsttagen an der nach Süden ausgerichteten Fassade von bestimmten Gebäuden. Gegen Abend suchen sie dann Ritzen im Dachbereich auf oder kriechen in Rolllädenkästen. Auf diese Weise kommen die Tiere auch ins Innere des Hauses. An sonnigen, warmen Wintertagen werden die Fliegen oft aktiv. Der Kot der Tiere verschmutzt Tapeten und Einrichtungsgegenstände. Fenster können durch das Anbringen von Fliegengittern gesichert werden. Auch das großflächige Einsprühen der Fassade mit Kontaktinsektiziden bewirkt einen gewissen Schutz. Fliegen, die sich bereits im Gebäude befinden, können mit UV-Lichtlampen bekämpft werden.

Die Graue Feldwanze

Auch manche Wanzenart überwintert hin und wieder in Gebäuden. Regelmäßig beobachtet man dies bei der Grauen Feldwanze (Rhaphigaster nebulosa), die zur Familie der Baumwanzen (Pentatomidae) gehört. Die Oberseite der Grauen Feldwanze weist eine graubraune Grundfarbe auf, die von zahlreichen schwarzen und grünen Sprenkeln durchsetzt ist. Der Seitenrand des Hinterleibs ist abwechselnd schwarz und gelb gezeichnet. Die Körperunterseite ist hell und mit schwarzen Punkten durchsetzt. Die Grundfarbe der Fühler ist schwarz. Die Antennenglieder 4 und 5 sind an der Basis hell gefärbt. Die Graue Feldwanze wird 14 bis 16 mm lang und lebt überwiegend vom Saft verschiedener Laubbäume. Gelegentlich saugen die Tiere auch an toten Insekten. Es handelt sich um eine einheimische Art, die in weiten Teilen Europas und Asiens verbreitet ist. Sie ist wärmeliebend und tagaktiv. In Mitteleuropa entsteht pro Jahr nur eine einzige Generation. Die Eier werden im Spätfrühling an verschiedenen Pflanzen abgelegt.

Die ausgewachsenen Grauen Feldwanzen suchen im Herbst häufig Gebäude zur Überwinterung auf. Bei sonnigem Wetter werden die Tiere immer wieder aktiv und fliegen gegen die Fensterscheiben. Die Tiere stellen für den Menschen keine Gefahr dar, und sind daher eindeutig nur als Lästlinge einzustufen. Wie alle Wanzen sondert auch die Graue Feldwanze ein übelriechendes Abwehrsekret ab, wenn sie sich bedroht fühlt. Es empfiehlt sich daher einzelne Individuen vorsichtig ins Freie zu entlassen. Zur direkten Bekämpfung können Kontaktinsektizide, wie beispielsweise Pyrethroide, eingesetzt werden.

Raupenfliegen oder Tachiniden

Raupenfliegen oder Tachiniden gehören in die Insektenordnung der Zweiflügler. In Größe und Körperbau ähneln Raupenfliegen der Großen Stubenfliege oder der Schmeißfliege. Alle Tachiniden-Arten entwickeln sich parasitisch in Larven, Puppen oder Imagines von Insekten, vereinzelt auch bei anderen Arthropoden. Besonders häufig werden Raupen (Schmetterlingslarven) und Afterraupen (Larven von Pflanzenwespen) parasitiert. Aber auch Käfer, Wanzen, Heuschrecken, Schaben, Ohrwürmer und andere Insekten gehören zu den potenziellen Wirtstieren. Die meisten Tachinidenarten sind auf wenige Wirtsarten oder auch nur eine einzige Art spezialisiert. Raupenfliegen spielen im Ökosystem eine sehr wichtige Rolle, da sie natürliche Gegenspieler von Forstschädlingen wie dem Schwammspinner oder dem Eichenprozessionsspinner sind. Die weiblichen Raupenfliegen legen ihre Eier in der Regel direkt auf der Körperoberfläche des Wirts ab. Die Larven schlüpfen schon nach kurzer Zeit und beginnen sogleich an ihrem Wirt zu fressen. Die erwachsenen Raupenfliegen sind meist tagaktiv und ernähren sich vor allem von Blütennektar und Honigtau.

In Darmstadt überwintern Fliegen aus der Familie der Tachiniden häufig in hohen Gebäuden. Die Tiere dringen hinter den Fassadenplatten in die Wärmedämmung ein und gelangen von dort in Büro- oder Wohngebäude. Wir haben derartige Probleme z. B. in den Verwaltungsgebäuden der Technischen Universität in Darmstadt, in einem historischen Turm aus der Jugendstil-Epoche (dem Hochzeitsturm), sowie in zahlreichen höheren Verwaltungsgebäuden der Stadtverwaltung. Die in den Objekten auftretenden Fliegen sind meist recht träge. Da sie im Herbst und Frühjahr aber zu Hunderten auftreten können bedarf es einer Problemlösung. Eine Insektizidbehandlung der Innenräume (Vernebeln von Pyrethrum) bringt meist nur einen kurzfristigen Erfolg, da weitere Fliegen aus der Wärmedämmung nachwandern. Wir konnten feststellen, dass die Fliegen sehr gut (vor allem über Nacht) auf UV-Lichtfallen reagieren, die in den Innenräumen aufgestellt werden. Hierdurch lassen sich die Probleme in Innenräumen sehr gut eindämmen. Eine weitere Abschwächung des Problems konnte dadurch erreicht werden, dass die Wärmedämmung unter den Fassadenplatten mit Silikatstaub behandelt wurde. Mit dieser Maßnahme erreicht man in der Regel, dass deutlich weniger Fliegen in die Innenräume des Gebäudes eindringen.

Hinweis: Dieser Beitrag ist ursprünglich in der Februar-Ausgabe 2013 des DpS (Fachzeitschrift für Schädlingsbekämpfung) veröffentlicht worden. Autoren: Dr. Martin Felke & Björn Kleinlogel.

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