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Bekämpfung einer im Fußboden angesiedelten Kolonie der Braunen Wegameise (Lasius brunneus)

Bekämpfung einer im Fußboden angesiedelten Kolonie der Braunen Wegameise (Lasius brunneus)

Braune Wegameise - Bekämpfung

Der vorliegende Artikel informiert über Möglichkeiten, wie die Braune Wegameise (Lasius brunneus) bekämpft werden kann. Speziell die Braune Wegameise errichtet ihre Kolonien häufig im Haus und gilt als besonders problematischer Materialschädling.

Allgemeines zur Bekämpfung von Ameisenkolonien

Die Bekämpfung von Ameisenkolonien, die sich im Haus angesiedelt haben bereitet aus verschiedenen Gründen oft erhebliche Probleme. Außerhalb des Nestes trifft man in der Regel nur die Arbeiterinnen an. Die ausschließliche Bekämpfung dieser Außendiensttiere macht allerdings wenig Sinn, da der Verlust von vergleichsweise wenigen Individuen vom Ameisenvolk rasch ausgeglichen werden kann. Das eigentliche Ziel von Bekämpfungsaktionen sollte daher sein die Königin(nen) zu beseitigen, da nur so die weitere Brutproduktion gestoppt werden kann. Meist halten sich die Ameisen-Königinnen in dem am besten geschützten - und damit auch unzugänglichsten Teil des Nestes auf. Dies erschwert eine mechanische Bekämpfung, besonders wenn es sich um weit verzweigte Nestanlagen handelt, wie sie z. B. von Camponotus herculeanus, der Roßameise, bekannt sind. Auch eine Bekämpfung mit vergifteten Ködern bringt oftmals nicht den gewünschten Erfolg. Dies liegt zum einen daran, dass Ameisen in der Regel mehrere Futterquellen nutzen und so nur ein Teil der Tiere vergiftetes Futter aufnimmt. Zum anderen erhalten Königinnen und oft auch Larven nichts von der eingetragenen Nahrung direkt. Wie Buschinger & Kloft (1973) mit Hilfe von radioaktiv markiertem Futter nachweisen konnten, ernähren sich Königinnen und Larven der Pharaoameise (Monomorium pharaonis) ausschließlich von Drüsensekreten der Arbeiterinnen. Arbeiterinnen, die vergiftetes Futter aufgenommen haben sterben in der Regel bevor sie dieses zu Drüsensekret umwandeln konnten. Auf diese Weise wird verhindert, dass die Königin etwas von dem vergifteten Köder aufnimmt. Lässt sich die Lage des Nestes mehr oder weniger genau lokalisieren, so können Kontaktinsektizide angewandt werden.

Das Institut für Schädlingskunde befasst sich unter anderem mit der Entwicklung innovativer Bekämpfungsstrategien gegenüber verschiedenen Schädlingsarten. An dieser Stelle möchten wir über Bekämpfungsmaßnahmen gegen eine Kolonie der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) berichten, die sich in einem Einfamilienhaus angesiedelt hatte. Den Bewohnern fiel der Ameisenbefall erstmals im Jahr 2001 auf, als sie schwärmende Geschlechtstiere im Bereich des Kellers entdeckten. Ende Mai 2003 kamen schwärmende Männchen und Weibchen auch hinter einer Fußleiste in der Diele im Erdgeschoß hervor. Wie für die Braune Wegameise üblich, fand das Ausschwärmen der Geschlechtstiere morgens statt (Seifert, 1996). Arbeiterinnen konnten zu keiner Zeit beobachtet werden.

Die Braune Wegameise - Aussehen und Lebensweise

Der Körper von Lasius brunneus (Latreille, 1798) ist deutlich zweifarbig. Der Kopf ist hell bronzebraun, das Mesosoma hell gelblichbraun und die Gaster dunkelbraun bis schwarzbraun (s. Abbildung 1). In Deutschland kann die Braune Wegameise überall dort vorkommen, wo es Laubgehölze gibt. Schattige Nadelwälder meidet sie dagegen. Die höchsten Abundanzen weist Lasius brunneus in Laubwäldern mit bis zu 23 Völkern pro 100 Quadratmetern auf. Die Nester werden durch Aushöhlen von morschem Holz sowohl im Wurzelbereich von Bäumen, als auch bis vier Meter über dem Erdboden angelegt. Obwohl die Koloniegründung vermutlich haplometrotisch erfolgt, können bereits länger existierende Völker der Braunen Wegameise mitunter auch oligogyn sein, also mehrere Königinnen enthalten. Lasius brunneus kommt regelmäßig in Häusern vor, wo sie sowohl morsche als auch intakte Balken aushöhlt (Seifert, 1996). Nach eigenen Erfahrungen geht ein Befall stets von morschem Holz aus. Die Arbeiterinnen der Braunen Wegameise tendieren dazu in Spalten zu laufen und vermeiden es freie Oberflächen zu überqueren. Aus diesem Grund wird Lasius brunneus im Haus häufig erst dann wahrgenommen, wenn zum Teil große Mengen von Geschlechtstieren das Nest verlassen. Die Ernährung erfolgt überwiegend trophobiotisch, unter anderem durch die Betreuung der Großen Eichenrindenlaus (Stomaphis quercus). Zoophagie ist dagegen nur relativ schwach ausgeprägt. Die Geschlechtstiere der Braunen Wegameise (s. Abbildung 2 und 4) schwärmen von Ende Mai bis Anfang August in der Zeit zwischen 5.00 und 14.00 Uhr.

Abbildung 1: Arbeiterin der Braunen Wegameise (Lasius brunneus)

Abbildung 1: Arbeiterin der Braunen Wegameise (Lasius brunneus)

Abbildung 2: Männchen der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) sind immer geflügelt

Abbildung 2: Männchen der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) sind immer geflügelt

Abbildung 3: Der Körper der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) ist deutlich zweifarbig

Abbildung 3: Der Körper der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) ist deutlich zweifarbig

Abbildung 4: Geflügeltes Weibchen der Braunen Wegameise (Lasius brunneus)

Abbildung 4: Geflügeltes Weibchen der Braunen Wegameise (Lasius brunneus)

Die Braune Wegameise als Materialschädling

In dem hier geschilderten Fall hatte sich eine Lasius brunneus-Kolonie in der Diele des Erdgeschosses eines Einfamilienhauses im Bereich der Fußbodenheizung angesiedelt. Die Größe der Diele betrug ca. 15 Quadratmeter. Das Haus lag am Ortsrand einer kleinen Gemeinde und grenzte an Felder und Gärten, die zum Teil einen alten Obstbaumbestand aufwiesen. Das Gebäude war in den Jahren 1992 bis 1994 erbaut worden. Unklar blieb, wovon sich die Ameisen ernähren konnten. Wie bereits erwähnt, waren Arbeiterinnen nie im Haus beobachtet worden. Lasius brunneus ernährt sich in erster Linie von Honigtau, also den Ausscheidungen von Pflanzensaftsaugern wie Blattläusen oder Rindenläusen. Im Vorgarten des Hauses befand sich lediglich ein kleines Rasenstück, das als Nahrungsgrundlage für das Ameisenvolk mit Sicherheit auszuschließen war. Erst in einer Entfernung von 10 bis 12 Metern vom Haus standen einige alte Obstbäume. Um dort Blattlauskolonien zu besuchen, hätten die Arbeiterinnen allerdings eine Straße überqueren müssen. Es ist anzunehmen, dass bis zum Jahr 2003 ein Apfel- sowie ein Birnbaum auf dem Nachbargrundstück aufgesucht wurden, die nach Aussage des Hausbesitzers nur rund fünf Meter von der Stelle in der Hauswand entfernt standen, an der die Ameisen vermutlich aus dem Haus ins Freie gelangten. Zum Zeitpunkt der Bekämpfung (7.4.2004) waren beide Bäume allerdings bereits gerodet.

Bekämpfung der Braunen Wegameise - ein Praxisbeispiel

Die von der Braunen Wegameise besiedelte Zwischendecke zeigte folgenden Aufbau: direkt unterhalb der Fliesen befanden sich die Rohre der Fußbodenheizung, die wiederum auf einer isolierenden Spezialfolie lagen. Die darunter liegende, sechs Zentimeter dicke Styroporschicht diente ebenfalls der Wärmeisolierung. Getragen wurde die Decke von Ytong-Steinen und einer auf die Ytong-Steine aufgebrachten Betonschicht. Es ist zu vermuten, dass die Ameisen die Styroporschicht besiedelten, da an mehreren Stellen stark zerkleinerte Styroporreste nach außen transportiert worden waren (s. Abbildung 5). Um die Fußbodenheizung nicht zu treffen, wurden zur Bekämpfung der Ameisen zunächst 60 Löcher von 12 Millimeter Durchmesser von unten durch die Decke in die Styroporschicht hinein gebohrt (s. Abbildungen 6 und 7). Die Bohrlöcher wurden vor allem entlang der Außenwände gesetzt, sowie in den Bereichen, in denen schwärmende Geschlechtstiere der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) aufgetreten waren. Anschließend wurden in diese Bohrlöcher Kunststoffdübel gesteckt, die normalerweise im Holzschutz Anwendung finden (siehe Abbildungen 8 und 9). Ein Rückschlagventil im Innern der Holzschutzdübel verhinderte das Herauslaufen des injizierten Insektizids.

Abbildung 5: Von einer Kolonie der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) besiedelte Zwischendecke. Deutlich sind die von den Ameisen nach außen transportierten, stark zerkleinerten Styroporreste zu erkennen.

Abbildung 5: Von einer Kolonie der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) besiedelte Zwischendecke. Deutlich sind die von den Ameisen nach außen transportierten, stark zerkleinerten Styroporreste zu erkennen.

Abbildung 6: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Zur Applikation des Kontaktinsektizids wurden zunächst Löcher von 12 Millimeter Durchmesser von unten durch die Decke in die Styroporschicht hinein gebohrt.

Abbildung 6: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Zur Applikation des Kontaktinsektizids wurden zunächst Löcher von 12 Millimeter Durchmesser von unten durch die Decke in die Styroporschicht hinein gebohrt.

Abbildung 7: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Zur Applikation des Kontaktinsektizids wurden zunächst Löcher von 12 Millimeter Durchmesser von unten durch die Decke in die Styroporschicht hinein gebohrt.

Abbildung 7: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Zur Applikation des Kontaktinsektizids wurden zunächst Löcher von 12 Millimeter Durchmesser von unten durch die Decke in die Styroporschicht hinein gebohrt.

Abbildung 8: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). In die Bohrlöcher wurden Kunststoffdübel gesteckt, die normalerweise im Holzschutz Anwendung finden.

Abbildung 8: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). In die Bohrlöcher wurden Kunststoffdübel gesteckt, die normalerweise im Holzschutz Anwendung finden.

Applikation des Kontaktinsektizids

Die Bekämpfung der Ameisen erfolgte mit dem Präparat EMPIRE, das als Wirkstoff mikroverkapseltes Chlorpyrifos enthält. Mittlerweile ist dieser Wirkstoff in Schädlingsbekämpfung nicht mehr zugelassen. Die folgenden Abbildungen zeigen den eingesetzten Kompressor, sowie das Befüllen der Bohrlöcher. Nach Angaben des Herstellers zeichnete sich mikroverkapseltes Chlorpyrifos durch eine geringere Toxizität gegenüber Menschen und Haustieren aus und sollte außerdem über mehrere Wochen hinweg wirksam bleiben. Durch die Mikroverkapselung wird ein Abdampfen des Wirkstoffs in die Raumluft verhindert und die Dekontamination nach der Anwendung erleichtert.

Abbildung 9: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). In die Bohrlöcher wurden Kunststoffdübel gesteckt, die normalerweise im Holzschutz Anwendung finden.

Abbildung 9: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). In die Bohrlöcher wurden Kunststoffdübel gesteckt, die normalerweise im Holzschutz Anwendung finden.

Abbildung 10: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Kompressorbetriebene Hydraulikpumpe zum Befüllen der Bohrlöcher.

Abbildung 10: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Kompressorbetriebene Hydraulikpumpe zum Befüllen der Bohrlöcher.

Abbildung 11: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Das verwendete Kontaktinsektizid wurde unter hohem Druck in die Styroporschicht appliziert.

Abbildung 11: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Das verwendete Kontaktinsektizid wurde unter hohem Druck in die Styroporschicht appliziert.

Abbildung 12: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Befüllen der Bohrlöcher mit dem Präparat EMPIRE.

Abbildung 12: Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus). Befüllen der Bohrlöcher mit dem Präparat EMPIRE.

Informationen zum Wirkstoff Chlorpyrifos

Chlorpyrifos gehört in die Gruppe der organischen Phosphorsäureester. Bei allen Phosphorsäureestern handelt es sich um Kontaktinsektizide. Die toxische Wirkung der Phosphorsäureester beruht darauf, dass sie die Cholinesterasen Acetylcholinesterase (AChE) und Butyrylcholinesterase (BuChE) hemmen. Die Butyrylcholinesterase wird zum Beispiel in der Leber, den Gliazellen und im Blutplasma gefunden. Acetylcholinesterase ist an den Neuronen und an den Synapsen des zentralen und des peripheren Nervensystems, in diversen Geweben (zum Beispiel in Erythrozyten) und an der neuromuskulären Endplatte zu finden. Die hemmende Wirkung auf die beiden genannten Enzyme kann entweder direkt durch die eingesetzten Präparate erfolgen, oder aber durch zunächst im Zielorganismus entstehende Abbauprodukte. Alle Phosphorsäureester verursachen durch die lang anhaltende Inhibition der Acetylcholinesterase eine sogenannte endogene Vergiftung mit Acetylcholin, da Acetylcholin nicht mehr in die beiden Bestandteile Acetyl und Cholin getrennt werden kann. Alle Phosphorsäureester sind bienengefährlich und warmblütertoxisch, vor allem die erste Generation dieser Mittel. Durch Hemmung des Enzyms Acetylcholinesterase kommt es zu einer Anhäufung von Acetylcholin im Organismus, wobei der Parasympathicus übererregt wird. Acetylcholin ist ein sogenannter Transmitter und überträgt Nervenimpulse auf die Muskeln. Da ein Abbau nicht stattfindet, ermüdet der Muskel rasch und über Krämpfe kann der Tod unter Umständen binnen Minuten eintreten. Als Gegenmittel bei akuten Vergiftungen werden Atropin und Toxogonin eingesetzt.

Bekämpfung der Braunen Wegameise (Lasius brunneus) - ein Resümee

Insgesamt wurden 11 Liter des Kontaktinsektizids mittels einer Kompressorbetriebenen Hydraulikpumpe durch die Bohrlöcher hindurch in die Styroporschicht gedrückt. Der maximal verfügbare Druck der Hydraulikpumpe betrug 180 bar. Mitunter gab es Probleme die Bohrlöcher mit dem Insektizid zu befüllen, was am fehlenden Halt der Holzschutzdübel in den Ytong-Steinen lag. Ein Drittel der Dübel ließ sich hervorragend befüllen. Bei einem weiteren Drittel war der Druckaufbau nur mittelmäßig und beim letzten Drittel der Dübel gelangte nur wenig von der Insektizidlösung in die Styroporschicht.

Im Anschluss an die Bekämpfungsaktion fand kein Ausschwärmen von Geschlechtstieren der Braunen Wegameise mehr statt. Man kann somit davon ausgehen, dass die hier ergriffene Bekämpfungsmaßnahme erfolgreich war und die Kolonie eliminiert werden konnte.

Literaturverzeichnis

Buschinger, A. & Kloft, W. (1973): Zur Funktion der Königin im sozialen Nahrungshaushalt der Pharaoameise Monomorium pharaonis (L.) (Hym., Formicidae). Forschungsberichte des Landes Nordrhein-Westfalen Nr. 2306, 34 S.

Seifert, B. (1996): Ameisen beobachten, bestimmen. Naturbuch Verlag, Augsburg, 352 pp.

Glossar

  • Abundanz: Die Abundanz oder Populationsdichte einer Art wird als Individuenzahl pro m2 definiert
  • Acetylcholin: Neurotransmitter, der an erregenden Synapsen Ionenkanäle öffnet und so für die Weiterleitung von Nervenimpulsen sorgt
  • Gaster: Letzter Körperabschnitt der Ameisen
  • Haplometrose: Koloniegründung durch ein einzelnes Weibchen
  • Mesosoma: Mittlerer Körperabschnitt der Hautflügler
  • Oligogynie: Bei oligogynen Ameisenarten leben mehrere Königinnen (ca. 3-5) in einem meist weit verzweigten Nest
  • Trophobiose: Symbiose zwischen Ameisen und Blattläusen. Die Ameisen nutzen den von den Blattläusen abgegebenen Honigtau
  • Zoophagie: Aufnahme von tierischer Beute (hier: vorwiegend andere Insekten)

Hinweis: Die geschilderte Bekämpfungsaktion wurde im Jahr 2004 durchgeführt. Der Artikel wurde ursprünglich im DpS veröffentlicht. Der seinerzeit verwendete Wirkstoff Chlorpyrifos ist mittlerweile als Biozid nicht mehr verfügbar.