Hier erfahren Sie alles über Erkennen, Vorkommen, Lebensweise, Schadwirkung und Bekämpfung der Schwalbenwanze (Oeciacus hirundinis).
Oeciacus hirundinis JENYNS, 1839
Die Schwalbenwanze erreicht eine Körperlänge von 3,5 bis vier Millimetern (Weidner & Sellenschlo, 2003). Auf der Körperoberseite fallen relativ lange, gelblich-braune Haare auf. Insgesamt ist der Körper von Oeciacus hirundinis dorsoventral abgeplattet und relativ breit. Die Fühler sind wie bei der recht ähnlich aussehenden Bettwanze (Cimex lectularius) viergliedrig, allerdings etwas kürzer als bei jener Art. Die Flügel der Schwalbenwanze sind stark reduziert, so dass die Tiere nicht mehr in der Lage sind zu fliegen. Wie alle Wanzen besitzen auch Schwalbenwanzen stechend-saugende Mundwerkzeuge.
Abb. 1: Die Schwalbenwanze (Oeciacus hirundinis) kommt regelmäßig in Schwalbennestern vor
Abb. 2: Schwalbenwanze (Oeciacus hirundinis) - Ventralansicht
Abb. 3: Blick auf die Mundwerkzeuge der Schwalbenwanze (Oeciacus hirundinis)
Abb. 4: Die Schwalbenwanze (Oeciacus hirundinis) besitzt viergliedrige Antennen
Die Schwalbenwanze ist eine einheimische Wanzenart, die laut Herfs (1962) häufig in den Nestern von Mehlschwalben, Mauersegelern und Haussperlingen vorkommt. Schwalbenwanzen ernähren sich vom Blut ihrer Wirtstiere. Die Larvenstadien sehen den adulten Schwalbenwanzen bereits recht ähnlich - man spricht in diesem Zusammenhang auch von einer hemimetabolen Entwicklung. Nachdem die Weibchen von Oeciacus hirundinis Blut aufgenommen haben, legen sie ihre Eier in das Nistmaterial der Vogelnester. Unter experimentellen Bedingungen dauerte die Eientwicklung bei Temperaturen zwischen 18 und 20°C zwischen sechs und acht Tagen (Herfs, 1962). Die frisch geschlüpften Larven der Schwalbenwanze überlebten unter diesen Bedingungen bis zu 14 Tage ohne Nahrungsaufnahme. Oeciacus hirundinis hat eine relativ hohe Vorzugstemperatur. Herter (1953) gibt an, dass die Vorzugstemperatur von gesättigten Schwalbenwanzen bei 35,72°C und von hungrigen Individuen bei 39,74°C liegt. Die Schwalbenwanze ist sehr stark an Vögel als Wirtstiere gebunden und kann wohl nur in Ausnahmefällen auch von Menschenblut leben bzw. sich fortpflanzen, wenn nur Menschenblut als Nahrung zur Verfügung steht. Lediglich Wendt (1939) konnte Schwalbenwanzen unter diesen Bedingungen über fünf Generationen züchten. Hier sogen die Tiere ohne Probleme Blut an der Innenseite des Unterarms. Auch Kemper (1938) versuchte Schwalbenwanzen im Selbstversuch mit Menschenblut zu füttern. Allerdings gelang es hier nur ungefähr jeder zehnten Schwalbenwanze mit ihrem Stechrüssel die Haut zu durchbohren und Blut zu saugen. Von den 96, mit Menschenblut ernährten Oeciacus hirundinis-Versuchstieren wurden lediglich acht Eier abgelegt, von denen sich allerdings kein einziges Ei entwickeln konnte. Herfs (1962) beobachtete weder bei hohen, noch bei niedrigen Temperaturen, dass Schwalbenwanzen in der Lage waren ihren Stechrüssel in die Haut des menschlichen Unterarmes einzuführen, um hier Blut zu saugen. Schwalbenwanzen können bei niedrigen Temperaturen teilweise länger als ein Jahr ohne Nahrung auskommen (Wendt, 1939). Bei Zimmertemperaturen (18 bis 20°C) sterben Schwalbenwanzen jedoch meist bereits nach rund vier Wochen ab (Kemper, 1938).
Die Schwalbenwanze dringt häufig in Dachgeschosswohnungen ein, wenn sich Nester von Mehlschwalben (Delichon urbica) unter dem Hausdach befinden. Meist suchen Schwalbenwanzen erst dann die Wohnungen auf, wenn ihre eigentlichen Wirte wie Mehlschwalben, Mauersegler oder Haussperlinge schon ausgeflogen sind. Herfs (1962) fand aber auch Schwalbenwanzen in der Wohnung, die offensichtlich aus einem noch besetzten Nest des Haussperlings stammten. Auf der Suche nach einem geeigneten Wirt kann die Schwalbenwanze auch den Menschen stechen. Kemper (1938) gibt an, dass Menschen, die von Oeciacus hirundinis gestochen wurden Rötungen und Quaddeln zu beobachten waren. Auslöser für diese Hautreaktionen ist ein Antikoagulationssekret, das die Schwalbenwanze nach dem Einstich zunächst in die Stichwunde injiziert, um die Blutgerinnung zu verhindern. Bei Menschen, die von Schwalbenwanzen gestochen wurden, kann durch Kratzen im Bereich der Stichstelle eine bakterielle Superinfektion auftreten. Die Therapie nach Schwalbenwanzenstichen kann mit juckreizstillenden Gelen oder Salben erfolgen. Falls eine bakterielle Superinfektion auftritt, kann der Einsatz von Antibiotika notwendig werden. Zudem kommt die Schwalbenwanze auch als Vektor für das gefährliche West Nile Virus (MNV) in Frage (Komar, 2000). Die Schwalbenwanze hat daher nicht nur als Lästling zu gelten, sondern stellt zudem einen potentiellen Hygieneschädling dar.
Um zu verhindern, dass Schwalbenwanzen in die Wohnung gelangen, sollte man verlassene Vogelnester in der Nähe von Fenstern beseitigen. Derartige Nester enthalten neben Schwalbenwanzen oft noch eine Reihe weiterer Hygieneschädlinge und Materialschädlinge wie Bibernellen Blütenkäfer (Anthrenus pimpinellae), Pelzmotte (Tinea pellionella) oder Hühnerfloh (Ceratophyllus gallinae). Die Schwalbenwanze kann man mit Hilfe von Kontaktinsektiziden bekämpfen, die in die Tagesverstecke der Tiere (z. B. hinter Fußleisten, Tapeten und Bildern, sowie in Möbelfugen oder Matratzenfalten) gesprüht werden. Die meisten Präparate zur Bekämpfumng von Hygieneschädlingen wie Schwalbenwanzen oder Bettwanzen enthalten das aus Chrysanthemen gewonnene Pyrethrum oder synthetische Pyrethroide, die auf das Nervensystem von Oeciacus hirundinis wirken. Die Anwendung dieser Kontaktinsektizide sollte zwei bis dreimal in einem Abstand von ein bis zwei Wochen wiederholt werden, um einen Befall mit der Schwalbenwanze vollständig zu tilgen.